Der Sportwagen

Moderner öffentlicher Sportwagen © Florian Kiel

Moderner öffentlicher Sportwagen © Florian Kiel

Brumm, Brumm und alle drehn sich um. Wenn ein lautes Fahrzeug vorbei kracht hat jeder einen Spruch auf den Lippen. Was hat es damit auf sich?

Eine kropfhalsige und durchweg sympathische Gruppe Rentner lässt sich neben mir im Café nieder. Fest entschlossen diesen sonnigen Samstag zu genießen, verliert sich die Runde schnell und regelmäßig in schallendem Lachen. Die Heiterkeit steckt an und bald schon findet sich der gesamte Freisitz in ausgelassener Wochenendatmosphäre wieder. Wer etwas Ernstes zu besprechen hatte ist gegangen und hat seinen Platz der guten Laune frei gemacht. Ich selbst halte mich hinter einer weit aufgeschlagenen Zeitung versteckt, wo ich hoffe mit meinen wie üblich auf den Schlüsselbeinen ruhenden Mundwinkeln nicht aufzufallen. 

Dann ein Donnern. Ein weißer Blitz. Die Besucher der Shishabar auf der anderen Straßenseite heben anerkennend den Blick. Anschließend rollt ein zäpfchenförmiger Sportwagen wenige Zentimeter über dem Straßenbelag an uns vorbei. „Ich höre einen Neandertaler“ - grölt es da aus der unerschütterlich fröhlichen Gruppe neben mir. Mit allerlei Hohn und Spott wird diese sehr teuer ausschauende Karre attackiert. Ein Wettstreit um die beste Häme bricht los. „Das ist aber ein toller Hengst“ - heißt es jetzt und silbriges Haar wird vom Lachen in den Nacken geworfen. 

Der Mann im Sportwagen, der seinen Auspuff gerade nochmal knallen lässt, muss eigentlich verstanden haben, dass er auf dieser Promenade damit nicht gut ankommt. Die Einzigen, die sich vergnügt zeigen sind seine Kumpels vor der Shishabar. Sonst schlägt im Ablehnung entgegen.

Warum also? Warum kommt da einer angeschissen und donnert wie ein Eber in das wohligwarme Wochendsleben seiner Mitbürger hinein? Drauf kann ich Ihnen keine Antwort geben ohne zu Mutmaßen. Denn schon mit einem Golf durch die Innenstadt zu zuckeln bereitet mit schamvolle Kopfschmerzen. Und was an einem Erdöl schluckendem Sportwagen faszinierend sein soll, liegt erst recht außerhalb meines Vorstellungsvermögens. Aber, und das sage ich mit Stolz in der Brust: Das mein Umfeld reagiert hat, wie es reagiert hat, nämlich sich nicht der plumpen Protzerei beugend, sondern auf dem Boden der Bescheidenheit verhaftet eine solche Eierschau abweisend, das gibt mir Hoffnung. Stellen Sie sich mal eine Gesellschaft vor, in der der Sportwagen ein allgemein akzeptiertes Symbol des Reichtums wäre, ha! Wo er doch zumeist ein Zeichen der Armut, der geistigen und kulturellen Armut ist. Was wäre das für eine Gesellschaft, die so etwas zulässt? Wie gut tat es, wie reinigend war es, in dieser Angelegenheit den Spott der Rentner im Ohr zu haben. Wie stärkt es mich zu wissen, dass diese Menschen die hier vorgelebte Feindlichkeit gegenüber allem Prunk und die Bescheidenheit, auch auf ihre Kleiderschränke und Garagen, auf ihre Wohnungen und Ernährung beziehen. Oder meinen Sie etwa anstatt zu spotten hätten die lieber auf dem Beifahrersitz gesessen?

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