Das Programm Kleingarten-Kita

Die Kleingarten-Kita ist eine Art Waldkindergarten im Naturraum Kleingartenanlage. Dort können Kinder ganztags draußen spielen, lernen und Freude am Umgang mit der Natur und der gärtnerischen Lebenswelt entdecken.

Seit 2020 hat die Gesellschaft für Gemeinsinn e. V.  mit einer Vielzahl von Akteuren der Kleingartenvereine, Kindergärten, Verwaltung und Architektur das Konzept  der Kleingarten-Kita entwickelt. Die Idee der Kleingarten-Kita reiht sich in eine Vielzahl von naturnahen Kitakonzepten ein. Darunter befinden sich zum Beispiel Waldkindergärten und andere Kitas mit naturnahem Ansatz. Davon gibt es ca. 2.000 Einrichtungen bundesweit. Von den insgesamt ca. 3,7 Millionen Plätzen stellen sie weniger als 2 Prozent des Gesamtanteils der Kindergartenplätze.

Mit Kleingarten-Kitas können in rund 13.000 Kleingartenanlagen über 500.000 neue naturnahe Betreuungsplätze geschaffen werden. Ein riesiges Potential, das wir heben möchten.

Die Kleingarten-Kita wird gefördert von:

 

Gesellschaftlicher Mehrwert

  • „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ist ein Konzept, das Kindern und Erwachsenen nachhaltiges Denken und Handeln vermittelt. Wir möchten Kindern und ihren Eltern eigene Gestaltungskompetenzen vermitteln, also Fähigkeiten und Wissensbestände, die für einen ökonomischen, technischen und ökologischen Wandel unserer Gesellschaft unabdingbar sind. Damit wir zu einer gesellschaftlichen Schubumkehr kommen können, benötigen wir erstens eine Vermittlung von Kompetenzen in der Breite der Gesellschaft. Zweitens muss das Erlernte in der Lebenswelt der Kinder und ihrer Eltern verankert und dauerhaft erlebt werden können. Für uns als Gesellschaft ist es von überragender Bedeutung, dass wir Kinder und ihre Eltern wieder stärker praktisch in nachhaltige Entwicklungsprozesse einbinden. Drittens müssen wir als Gesellschaft ein Konzept zügig umsetzen können. Die Kleingarten-Kita als Idee und in der Umsetzung erfüllt alle genannten Bedingungen.

  • Der Fokus auf frühkindliche Bildung nimmt mehr und mehr zu. Tagesbetreuung für Kinder soll sich überall in Deutschland weiterentwickeln. Seit 1996 besteht ein rechtlicher Anspruch auf Betreuung in einer Kita und seit 2013 auch in der Krippe, im Jahr 2019 wurde zudem das Gute-KiTa-Gesetz verabschiedet. Auf Grundlage des Qualitätsgesetzes unterstützte der Bund die Länder in den Jahren 2023 und 2024 mit insgesamt rund vier Milliarden Euro – zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Stärkung der Teilhabe in der Kindertagesbetreuung. 

    Ab dem Schuljahr 2026/2027 tritt ein bundesweiter Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung für Grundschulkinder in Kraft, inklusive Hortplätzen. Die Einführung erfolgt schrittweise: Zunächst profitieren Kinder der ersten Klassenstufe, ab dem Schuljahr 2029/2030 gilt der Anspruch für alle Grundschulkinder von Klasse 1 bis 4.

    Für die Kommunen bedeutet das erheblichen Handlungsdruck, sie müssen das Betreuungsangebot deutlich ausbauen und gleichzeitig die pädagogische Qualität weiterentwickeln. Trotz Fortschritten im Ausbau fehlen bundesweit noch rund 430.000 Betreuungsplätze. Das geht aus Berechnungen des “Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme” der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2023 hervor.

    Bereits seit dem 1. August 2013 besteht ein flächendeckender Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem vollendeten ersten Lebensjahr. Doch der Ausbau der Kitas hält seit Jahren nicht mit der gesellschaftlichen Entwicklung Schritt. Im Jahr 2023 fehlten in den westdeutschen Bundesländern rund 385.900 Kita-Plätze, um den tatsächlichen Bedarf der Familien zu decken – in Ostdeutschland waren es etwa 44.700.

  • Wenn Kinder Naturkreisläufe begreifen dürfen, indem sie Teil davon sind, entwickeln sie Naturverbundenheit. Deshalb reicht es nicht Umweltbildung in schön gestalteten Kindergarten- oder Klassenzimmern zu unterrichten. Natur- und Waldkindergärten stellen aktuell ca. 2 Prozent aller Betreuungsplätze. Dieser Anteil ist angesichts der Dimensionen des Klimawandels als vollkommen ungenügend einzuschätzen. In den ca. 13.000 Kleingartenanlagen wartet Freiraum nebenan. Dieser kann und sollte für frühkindliche Bildung eingesetzt werden. Auf knapp 900.000 Parzellen nutzen 5 Millionen Menschen ihre Gärten.

    Wir wünschen uns, dass darunter 10 Prozent Kinder sind. Das wären 35 bis 40 Kinder pro Verein. Für einige Vereine sind das zu viele, für viele Vereine zu wenig. Wir möchten mit dieser Zahl lediglich Orientierung geben und einem Wunsch Ausdruck verleihen: 500.000 neue naturnahe Kindergartenplätze. Bei Basisdaten aus dem Jahr 2021 von ca. 3,7 Millionen Kindern in Kitas wäre das ein möglicher zukünftiger Gesamtanteil naturnaher frühkindlicher Erziehung von ca. 15 Prozent. Das wären 500.000 Kinder, denen eine tägliche Begegnung in und mit der Natur und der gärtnerischen Lebensrealität ermöglicht wird. Kindern, denen die tägliche Begegnung in und mit der Natur und der gärtnerischen Lebensrealität ermöglicht wird.

  • Kleingartenanlagen gibt es in allen Bundesländern, in Stadt und Land, im Norden und Süden. Trotz der Unterschiede in Nutzung und Struktur haben diese Vereine eines ganz gemeinsam: Sie sind Sozialräume. Diese Schmelztiegel aus unterschiedlichen Kulturen und Altersgruppen beziehen wir über ein Ausflugskonzept innerhalb der Kleingarten-Anlage aktiv mit ein. Damit unterscheidet sich die Kleingarten-Kita grundsätzlich von allen anderen frühkindlichen Bildungseinrichtungen. Pädagog:innen und Kinder sind nicht allein. Sie werden wieder Teil eines Sozialraumes. In diesem sind Laien aktiv in die Bildung und Förderung der Kinder einbezogen und ihr Wissen für die Kinder nutzbar gemacht. Erst in den letzten Jahrzehnten sind wir als Gesellschaft dazu übergegangen, Kinder in eingezäunten Sonderbauten zu betreuen. Wir möchten zurück in die Natur und den Sozialraum.

  • Der erste Schreberverein war eine Spielwiese, auf der Kinder von Fabrikarbeiter:innen unter Betreuung von Pädagog:innen spielen und turnen konnten. Später wurden zusätzlich Gärten angelegt, um eine weitere Beschäftigungsmöglichkeit für die Kinder zu schaffen. Schnell entwickelten sich diese als Rückzugsort für die ganze Familie. Aus diesen „Kinderbeeten“ wurden später parzellierte und umzäunte Schrebergärten.

    Mit der Kleingarten-Kita schließen wir raumplanerisch an diese Tradition an. Pädagogisch grenzen wir uns jedoch von damaligen Erziehungsmethoden ab. Das Kleingartenwesen schaut insofern auf eine lange und wechselhafte Historie zurück und hat nach wie vor einen festen Platz in den Grün- und Freiraumsystemen der Städte. Jedoch beeinflussen gesellschaftliche Veränderungen, wie der demografische Wandel oder Flächenumwidmungen für Wohnungsneubauten, dessen Entwicklung teils negativ. Die Kleingarten-Kita hingegen kann sich durch eine Integration in die Kleingartenanlagen positiv auf die Zukunftssicherung des Kleingartenwesens auswirken. Im Sinne der Wurzeln des Kindergarten- und Kleingartenwesens wollen wir den KinderGarten in Zukunft wieder aufleben lassen.

  • Wenngleich in Ostdeutschland die größte Dichte an Kleingärten besteht, hat sich die Tradition der Kleingartenanlagen auch in die südlichen, westlichen und nördlichen Regionen Deutschlands, sowie in ganz Europa erhalten. Ein besonders hohe Dichte von Kleingärten weisen die Länder Polen, Slowakei und Rumänien auf. Insgesamt könnten die vielzellig vorhandenen Kleingartengebiete in Europa vielen Kindern naturnahe Betreuungsplätze bieten.

    Bezahlbare, qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung ist in vielen europäischen Ländern für viele Eltern nicht verfügbar. Investitionen in den Zugang zu Kinderbetreuung, die Bezahlbarkeit und die Qualität von Betreuungsangeboten für Kinder bis zum Schuleintritt tragen dazu bei, dass Kinder in jeder Entwicklungsphase adäquat unterstützt werden können. Auch sozio-ökonomische Ungleichheiten können mit bezahlbaren Betreuungsmöglichkeiten verringert werden.

    An die Entwicklung einer breiten Umsetzungsstrategie von Kleingarten-Kindergärten innerhalb Deutschlands könnte eine Anwendung in anderen europäischen Ländern anknüpfen.

 

Die Kleingarten-Kita Projekte

Blaupause | Oktober 2020 bis Juni 2022 | bundesweit

Die Blaupause haben wir im Rahmen von dreißig Workshops mit den Anspruchsgruppen gemeinsam erarbeitet. Dazu gehören Kleingartenvereine und ihre Verbände, Kita-Organisationen, Elternverbände sowie Politik und Verwaltung in ganz Deutschland. Insgesamt ein Netzwerk aus 300 Organisationen und Personen. Die Blaupause beantwortet alle wesentlichen baurechtlichen, vereinsrechtlichen und pädagogischen Fragestellungen. Sie ist keine Vorgabe, sondern eine Hilfestellung für konkrete Umsetzungen vor Ort.

Standortaufbau | April 2023 bis September 2025 | bundesweit

Im nächsten Schritt geht es nun darum, an 10 Standorten die Kleinkarten-Kita zu planen und zu entwickeln. Über unsere bisherigen Erkenntnisse hinaus werden sich praktische Umsetzungsfragen an den einzelnen Standorten ergeben. Beispielsweise wer die Trägerschaft vor Ort übernimmt, wie aufwändig die Erneuerung der Wasserversorgung in der Kleingarten-Anlage ist oder etwa der konkrete Neubau der Lauben. An den Standorten ist es das Ziel, alle nötigen Voraussetzungen für die Errichtung eines Piloten geklärt zu haben.